Die Tranindustrie

Neben dem Abbau von Guano setzte im 19. Jahrhundert auch die direkte industrielle Nutzung der Pinguine ein. Denn den frühen Seefahrern und Entdeckern folgten im 19. Jahrhundert ganze Armadas an Schiffen ins Südmeer, die lediglich ein Ziel verfolgten - so viel Profit wie irgend möglich zu machen. Wale wurden zu Hunderttausenden gefangen, Millionen Robben für ihre Felle und Häute gejagt und unzähligen Seeelefanten für das Öl nachgestellt, dass sich aus ihnen gewinnen ließ. Obwohl die Pinguine vergleichsweise noch glimpflich davonkamen, so ist doch die Folge dieser Praktik, dass bis heute viele Pinguinpopulationen stark zurückgegangen sind.
Beginnend ab dem Jahr 1820 strömten hauptsächlich europäische Fangschiffe in die südlichen Gewässer, um ihre Laderäume mit Tran, Öl oder Robbenpelzen zu füllen. Anfänglich wurden Pinguine noch nicht wegen ihres Trans gejagt, aber litten trotzdem erheblich unter der Ausbeutung, die zuerst die anderen Tiere dieser Regionen heimsuchte. Denn auf den baumarmen subaustralischen Inseln fehlte praktisch jedes Feuerholz, um die riesigen Öfen in den Fangstationen an Land zu betreiben, in denen die Beute der Walfänger zu Öl und Tran verkocht wurde. So verfeuerten die Franzosen und Briten in den Walfangstationen in Südgeorgien gerne Pinguine, um die Vorräte an Kohle zu schonen. Der Bericht im Museum von Port Stanley erhaltener Bericht eines unbekannten Walfängers, von 1843 schildert die Verfeuerung von Pinguinen in einer Walfangstation in Süd Georgien:

"Schon seit Wochen war die Kohle knapp und unsere Tanks waren noch mehr als halb leer. Also taten wir erneut das, was wir bereits öfters getan hatten, wir fingen Pinguine. Sie brannten ziemlich schlecht, aber es gab sie in Mengen. Wir fingen die Tiere direkt vor der Baracke und warfen sie gleich lebend in den Ofen. Das Geschrei der Tiere war unerträglich. [...] An diesem Tag verfeuerten wir sicherlich 700 von ihnen."

Auch auf den Kergulen wurden Pinguine verfeuert, um die Baracken von Seeleuten zu heizen, die die Seeelefantenkolonie ausbeuteten. Hier wurden die Pinguine jedoch zuerst lebend in einer Presse verarbeitet, da das konzentrierte Pinguinöl ergiebiger brannte, als die ganzen Körper.
Als der Bestand der Seeelefanten um 1850 aufgrund der gnadenlosen Jagd rapide gesunken und die Verarbeitung unrentabel geworden war, besann man sich auf das Öl, dass man bereits gelegentlich aus Pinguinen gewonnen hatte. Denn schon seit Beginn der Jagd auf Seeelefanten war Pinguinöl, dass man aus der dicken Fettschicht der Tiere gewann, die ihnen als Nahrungsvorrat diente, eine akzeptable Möglichkeit zu leere Frachträume der Fangschiffe aufzufüllen. Denn obwohl die Ausbeute an Öl, die sich aus einem Pinguin gewinnen ließ, sehr gering war, waren Pinguine vergleichsweise leicht zu jagen. Die Robbenfänger brauchten einfach einige tausend Tiere zu verkochen, um ihre Frachträume mit Öl zu füllen.
Als beispielsweise auf den Falklandinseln die Bestände von Robben rasant gesunken waren, war es nur eine logische Konsequenz, dass man fortan Pinguine als neue Quelle für Lampenöl benutzte. Allein in den Jahren 1864, 1865 und 1866 wurden insgesamt 240000 Liter Pinguinöl aus Port Stanley in alle Welt verschifft. Da es ungefähr zwei verkochter Pinguine bedarf um einen Liter Lampenöl zu gewinnen, kommt man auf ungefähr eine halbe Million Pinguine, die allein in diesen 3 Jahren zu Öl verkocht wurden. In den nächsten 14 Jahren wurden allein auf den Falklandinseln weitere 2,4 Millionen Pinguine - Hauptsächlich Königspinguine und Felsenpinguine - zu Öl verarbeitet.
Ein ähnliches Schicksal ereilte die Pinguine auf den den Falklandinseln vorgelagerten Inseln Grand Jason und Steeple Isles. Hier wurden von 1868 bis 1887 weitere 600000 Tiere zu Öl verkocht. Damals verschwanden alle Königspinguine von diesen einst dicht besiedelten Inseln und bis heute sind nur wenige Brutpaare zurückgekommen.
Allerdings erfassen die Zahlen nicht die getöteten Pinguine, die in Feuern umkamen, die von Robbenjägern gelegt wurden, um Seeelefanten und Seelöwen aus ihren Verstecken im Tussac Gras zu locken. Diese Methode, um die Robben aus ihren Verstecken zu locken, fordert nämlich regelmäßig ihren Tribut unter den Jungtieren der Pinguinarten, die sich ebenfalls im Gras versteckt halten. Diese damals weit verbreitete Technik des Feuerlegens fand damals oft und findet bis heute gelegentlich zur Rodung von Weideland Verwendung. Nach einem Brand im Tussac Gras auf den Falklandinseln fand man beispielsweise 1991 in einer von Asche und bedeckten kahlen Landschaft 52 Kadaver von Pinguinküken.

Aber nicht nur auf den Falklandinseln litten Pinguine unter einer einer rigorosen Ausbeutung durch den Menschen - auch in Südgeorgien. Hier musste um 1850 eine Möglichkeit gefunden werden, die Felle der erlegten Antarktischen Pelzrobben (Arctocephallus gazella) zu konservieren - Pinguinöl war eine beliebte Lösung für dieses Problem. So wurden hier insgesamt über 60000 Königspinguine zu Öl verarbeitet, um die Felle zu schützen.

Der Schimmer von Geld hat den Menschen oft zu Höhenflügen der Barbarei angespornt - so auch auf auf den Macquarie Inseln. Hier wurde Pinguinöl hauptsächlich aus Haubenpinguinen und zum direkten Verkauf gewonnen, was bei einer Ausbeute von 250 Gramm Öl je Haubenpinguin und einem Preis von 18 britischen Pfund je Tonne Öl (1000 kg) nicht sonderlich rentabel war. Dafür war die Jagd jedoch risikofrei und leicht. Sie war auch rentabel, solange ausreichend Pinguine verarbeitet wurden. Durch neuartige Verarbeitungsweisen - die Pinguine wurden hölzerne Rampen hochgetrieben und fielen dort lebend in Töpfe mit kochendem Öl - konnte die Leistung bis auf ein wirtschaftlich rentables Maß gesteigert werden. Man stelle sich bloß einmal den Geruch und das Geschrei während einer solchen Jagd vor. Zwischen 4000 und 6000 Pinguine wurden täglich verkocht, rund 150000 pro Saison und insgesamt in 70 Jahren zwischen 7.8 und 8.1 Millionen.
Die meisten Pinguine, die hier verarbeitet wurden, waren einjährige Halbwüchsige, die nicht grundlos einfach nur "fats" genannt wurden und die zu der Insel zurückgekehrt waren, um zu mausern. Da die Mauser ein extrem energiezehrender Vorgang für Vögel ist und Pinguine während dieser Zeit nicht ins Meer zur Nahrungssuche gehen können, fressen sie sich für die einmonatige Mauser eine dicke Speckschicht an. Damit waren diese "fats", die dick und vollgefressen aus dem Meer kamen, am geeignetsten, um Öl aus ihnen zu gewinnen. Außerdem konnten sie während der Mauser ohne wasserdichtes Gefieder nicht ins Meer flüchten und waren den Jägern schutzlos ausgeliefert.
Neben der schieren Anzahl an verarbeiteten Pinguinen, wirkte sich noch verheerend aus, dass man, indem man hauptsächlich die "fats" verkochte, viele Tiere tötete, die sich nicht fortgepflanzt hatten. Diese Massaker, von der Australischen Regierung genehmigt und gefördert, endeten erst 1918, als unter dem Einfluss von namhaften Entdeckern wie Frank Hurley und Sir Douglas Mawson ein Verbot der Pinguinjagd durchgesetzt werden konnte. Bis dahin hatte man den Haubenpinguin aber bereits an den Rand der Ausrottung getrieben und viele der verantwortlichen Firmen waren längst pleite gegangen, da die Ausbeute schon lange vorher unter ein wirtschaftlich rentables Maß gefallen war.